Ihre gewagten Deals prägten die Private-Equity-Branche, und manche sorgten für Aufruhr. Nun geben die Milliardäre Henry Kravis und George Roberts bei einer der weltweit grössten Beteiligungsgesellschaften das Ruder ab.
Christof Leisinger, New York
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Private Equity – wer sich für die heute boomende Branche der Privatanlagen interessiert, kommt nicht an KKR vorbei. Die Investment- und Beteiligungsgesellschaft zählt heute mit mehr als 400 Mrd.$ verwalteten Mitteln und einem Börsenwert von knapp 40Mrd.$ zu den grössten ihrer Art. Sie hat in den vergangenen Jahrzehnten phasenweise für Schlagzeilen gesorgt und so das Geschäft mitgeprägt.
Nun ziehen sich die verbliebenen Gründer aus der Chefetage des Unternehmens zurück. KKR steht für Jerome Kohlberg, Henry Kravis und George Roberts. Kohlberg war relativ früh aus der Partnerschaft ausgestiegen und ist vor sechs Jahren verstorben. Seine beiden 77- und 78-jährigen Kompagnons dagegen hatten offensichtlich bis ins hohe Alter Spass daran, grosse Deals zu machen und etwas Dauerhaftes aufzubauen.
KKR ist in den vergangenen Jahren immer aktiver geworden
Anzahl der Transaktionen
Quelle: Factset
NZZ / cri.
Die drei ehemaligen Investmentbanker hatten sich im Jahr 1976 selbständig gemacht und sich auf sogenannte Leveraged Buy-outs (LBO) spezialisiert. Manche zählen sie zu den Erfindern des Prinzips, schlecht geführte oder am Markt unterbewertete Firmen und Unternehmenskonglomerate zu übernehmen, sie unter Verwendung von viel Fremdkapital operativ auf Vordermann zu bringen, um sie dann zu einem höheren Preis ganz oder in Einzelteilen wieder zu verkaufen. Die Differenz war und ist ihr Gewinn.
Besonders spektakulär war die feindliche Übernahme des amerikanischen Nahrungsmittelherstellers RJR Nabisco, für den KKR im Jahr 1989 die damals sagenhafte Summe von 31Mrd.$ auf den Tisch legte. Sie war gewissermassen der Höhepunkt einer bis dahin beispiellosen kreditfinanzierten Transaktionswelle, mit der die drei Partner von KKR richtig reich wurden. Kein Wunder, galt Henry Kravis bald als Vorbild für den skrupellosen Spekulanten Gordon Gekko aus dem Oliver-Stone-Film «Wall Street». Offensichtlich diente er auch als Muster für die Hauptfigur im Sachbuch «Barbaren vor den Toren», welches die angebliche Skrupellosigkeit der Finanzspezialisten schon im Titel anprangert.
Heute ist KKR nur noch bedingt mit früher vergleichbar. Statt im Rahmen gewagter Transaktionen «nur verbrannte Erde, zerschlagene Firmen und verstörte Gemeinden zu hinterlassen, um Milliarden zu scheffeln», wie Kritiker gerne monieren, beschäftigt das Unternehmen inzwischen fast 2000 Mitarbeiter und verwaltet ein breites Portfolio an Private-Equity-, Immobilien-, Versicherungs- und Kreditinvestments. Hin und wieder ist der Konzern auch in der Schweiz aktiv. So war er bei den Ringier-Töchtern Scout24 Schweiz und Omnimedia aktiv, bei der Softwareschmiede Softwareone und bis heute beim Automatenbetreiber Selecta.
Aktie von KKR lässt die der Konkurrenten zurück
Indexierte Kursentwicklung, in $
KKR
Blackstone
Carlyle
Quelle: Factset
NZZ / cri.
Von nun an haben bei KKR Joseph Bae und Scott Nuttall das Sagen. Die beiden sind in der Szene wohlbekannt, immerhin arbeiten sie schon seit rund 25 Jahren für das Unternehmen. Ihre Werdegänge lesen sich wie die typischen Karrieren smarter Wall-Street-Typen: Bae machte seinen Abschluss an der Eliteuniversität Harvard, startete bei Goldman Sachs und baute dann das Asien-Geschäft von KKR aus. Nuttall hat einen Master der Universität von Pennsylvania und heuerte erst bei Blackstone an, bevor er bei KKR neue Geschäftsfelder wie die Partnerschaften mit Hedge-Funds und den Anleihehandel voranbrachte. Sie haben sich also längst die Hörner abgestossen. Trotzdem werden Kravis und Roberts weiterhin dem Verwaltungsrat vorsitzen, die Beziehungen zu den Investoren pflegen und bei der Strategie des Unternehmens mitreden.
Angesichts der herrschenden Geldschwemme wartet viel Arbeit auf sie: «Es besteht ein enormer Bedarf an privatem Kapital zur Unterstützung von Unternehmen, und KKR hat auch nach 45 Jahren noch viel Potenzial», geben sich Kravis und Roberts in einer gemeinsamen Erklärung optimistisch wie immer.
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