Für das Haushaltsjahr 2022 wollte die US Air Force mal wieder 42 ihrer A-10C Thunderbolt II loswerden, aber der US-Kongress machte diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Das "Warzenschwein" hat nämlich immer noch viele Anhänger, die es in manchen Szenarien für unverzichtbar halten, zumal man der F-35A in der Rolle der Luftnahunterstützung nicht so viel zutraut. So bleiben rund 280 Warthogs in den Beständen der US Air Force und diverser Air-National-Guard-Einheiten, sehr zur Freude der Piloten, die hier noch richtig "von Hand" fliegen und nicht nur ein komplexes System managen.
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Schon zu Zeiten der Entwicklung Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre fiel die Thunderbolt II aus dem Rahmen, denn sie wurde wirklich auf ihren gefährlichen Einsatz in niedriger Höhe über dem Gefechtsfeld getrimmt. Ein wesentliches Merkmal ist deshalb ihre Bewaffnung mit der siebenläufigen 30-mm-Kanone GAU-8/A, die mit einer Rate von 3900 Schuss pro Minute unter anderem superharte Munition mit abgereichertem Urankern gegen Panzer verschießt. Die Geschosse wiegen bis zu 700 Gramm und können auf 1000 Meter Entfernung 38 mm dicken Stahl durchschlagen.
USAF
Die Bemühungen der USAF die A-10 in Rente zu schicken blieben erfolglos. Das Warzenschwein bleibt.
Titan-Schutzwanne
Für den Schutz des Piloten sorgt eine 540 Kilogramm schwere "Wanne" aus Titan, die Beschuss von bis zu 23-mm-Geschossen widersteht. Auch der Rest der Zelle ist besonders robust aufgebaut, zum Beispiel mit einer mehrholmigen Flügelstruktur. Um einfache Reparaturen zu ermöglichen, sind Teile mit mehrfacher Wölbung verpönt. Eine Besonderheit der Thunderbolt II ist auch die Anordnung der Triebwerke weit auseinander am Rumpfheck und die Abschirmung ihrer Abgase durch die Seitenleitwerke.
Die A-10 ist also ein Spezialist, der während des Kalten Kriegs insbesondere die russische Übermacht bei der Anzahl der Panzer ausgleichen sollte. Die Entwicklung begann während des Vietnamkriegs, als starke Luftabwehr den teils wenig geeigneten US-Mustern bei Tiefflugangriffen auf Bodenziele das Leben schwer machte und deshalb ein neues Luftnahunterstützungsflugzeug in die Wege geleitet wurde. Sechs Anbieter antworteten auf die Ausschreibung, wobei Northrop (YA-9A) und Fairchild Republic den Zuschlag zum Bau von je zwei Prototypen erhielten.
Die A-10A startete im Mai 1972 zum Erstflug und absolvierte von Oktober bis Dezember desselben Jahres das Vergleichsfliegen auf der Edwards AFB. Der Entwurf wurde am 18. Januar 1973 als Sieger verkündet. Es folgte der Bau von sechs Vorserienmaschinen und ab 1975 die Serienproduktion im Werk Farmingdale. Die letzte von insgesamt 716 gebauten A-10A wurde am 20. März 1984 ausgeliefert. Die "Warthog" war seit 1979 in Europa im Einsatz und dient auch in Südkorea.
Ende der 1980er Jahre galt die "Warthog" fast schon als überholt, doch dann kam der Golfkrieg 1991, bei dem über 100 Thunderbolt II rund 8100 Einsätze flogen und dabei vor allem eine Menge AGM-65 Mavericks verschossen. Wenige Jahre später waren die A-10 dann über Bosnien und Herzegowina im Einsatz und feuerten dort rund 10000 ihrer 30-mm-Geschosse ab. Ab März 1999 kehrten die A-10 im Rahmen der Operation Allied Force im Kosovo in die Balkanregion zurück. Der erste erfolgreiche Angriff der A-10 im Rahmen der Operation Allied Force fand am 6. April 1999 statt; die A-10 blieben bis zum Ende der Kampfhandlungen Ende Juni 1999 im Einsatz. Für die Kampagne gegen die Taliban und Al-Qaida in Afghanistan wurden ab März 2002 A-10-Staffeln in Pakistan und auf dem Luftwaffenstützpunkt Bagram stationiert. Die Operation Iraqi Freedom begann am 20. März 2003. Sechzig OA-10/A-10-Flugzeuge nahmen dort an den ersten Kampfhandlungen teil. Im März 2011 wurden sechs A-10 im Rahmen der Operation Odyssey Dawn, der Koalitionsintervention in Libyen, eingesetzt. Zuletzt waren die Thunderbolts dann an der Operation Inherent Resolve gegen die IS-Kämpfer beteiligt.
USAF
Seit knapp 45 Jahren ist die Thunderbolt II A-10 für die US-Luftwaffe im Einsatz.
Flügeltauschprogramm
Über die Jahrzehnte blieb die A-10 also unverzichtbarer Bestandteil des US-Arsenals. Entsprechend gab es Anfang der 2000er Jahre ein Upgrade auf den Standard A-10C mit besserer Avionik. Außerdem führte Boeing zusammen mit dem Ogden Air Logistics Complex auf der Hill Air Force Base ein Flügeltauschprogramm für 173 Flugzeuge durch, das bis Juli 2019 lief. Weitere 112 neue Tragflächen für knapp eine Milliarde Dollar wurden inzwischen bestellt, um alle noch vorhandenen A-10 umzurüsten und für weitere 10 000 Flugstunden fit zu machen. Der erste neue Flügelsatz für die A-10 Thunderbolt II-Flotte wurde bereits an die US-Luftstreitkräfte ausgeliefert. Darüber hinaus sind kleinere Verbesserungen wie ein modernisiertes Scorpion-Helmdisplay vorgesehen. Am relevantesten sind vielleicht die aktuellen Flugversuche, um die A-10 mit der GBU-39 Small Diameter Bomb auszurüsten. Spezielle Träger erlauben die Aufhängung von drei SDBs an einer Außenlaststation und damit erhebliche Feuerkraft auch auf größere Distanz.
Inwiefern solche Maßnahmen die Einsatzdauer der A-10 verlängern werden, wird ständig diskutiert, zumal die US Air Force derzeit von den weltweiten Anti-Terror-Einsätzen auf mögliche Auseinandersetzungen mit gleichwertigen Gegnern umschwenkt und sich insgesamt von Systemen trennen will, die dafür nicht geeignet sind. Noch aber hält die "Warthog" die Stellung.
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